2. Salonnacht am 27. April 2007 zum Thema:
Zeit für Zeit
Dr. Rolf Elberfeld, Philosoph
„Zeit und Erfahrung - eine philosophische Spurensuche“
Das Phänomen ZEIT hat zu verschiedenen Zeiten und unterschiedlichen Kulturen besondere Aufmerksamkeit auf sich gezogen und seit jeher Fragen aufgeworfen. Ist die Zeit selbst etwas, oder ist sie nichts? Ist sie nur in unserem Bewusstsein, oder gibt es eine objektive Zeit? Können wir Zeit denkend übersteigen?
Ferner las Dr. Elberfeld aus Marcel Proust: „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“. Der Romanzyklus von Proust ist ein „Kunstwerk in Erinnerung“. Lebenszeit und erinnerte Zeit verschränken sich in einem Text auf geheimnisvolle Weise. Ausgewählte Passagen sollen in das Labyrinth der verzweigten Zeiterfahrung führen, die zugleich mit der eigenen Erfahrung von Zeit konfrontieren.
Marica Bodrozic, Autorin
„Spieler der inneren Stunde“
„Träume werden nicht erwachsen. Träume sind ohne Zeit.“ Die Geschichte von Jelena Felder ist auch ohne Zeit. Dennoch hat ihr Abschied eine eigene Stunde. Aber welches Gefühl hat der Abschied, welche Farbe, welchen Geruch? Die Chamisso- Preisträgerin begegnet dem „Weggehen“ aus ihrer Heimat Dalmatien in genau diesem Erinnern, das von Gerüchen und Farben erzählt, von Verlorenem und Bewahrten, von der unabweislichen Gegenwart des Vergangenen.
Prof. Till Roenneberg, Chronobiologe
„Relativität der individuellen Zeit“
Prof. Roennebergs Forschung gilt den verschiedenen Chronotypen, deren individuelles Zeitempfinden für ihre Produktivität, sowie für ihre Krankheiten und Genesungsprozesse verantwortlich sind. Der Inhaber des ersten deutschen Lehrstuhls für Chronobiologie am Institut für medizinische Psychologie an der Ludwig-Maximilian-Universität wird der Frage des modernen Menschen zwischen den Uhren nachgehen, - der äußeren und der ihm eigenen inneren Uhr.
Ariel Wagner liest
“Der illustrierte Mann” von Ray Bradbury
Der Amerikaner Ray Bradbury ist einer der bekanntesten Science-Fiction-Autoren des 20. Jahrhunderts. Er fand mit seinen Kurzgeschichten und Romanen ein Millionenpublikum. Der Roman „Fahrenheit 451“, 1966 verfilmt von François Truffaut begründete seinen Ruf als Dichter weltweit. Folgen Sie einem Autor der fünfziger Jahre in die phantastische Zukunft von gestern.
Bernadette Conrad, Autorin
„Nomaden im Herzen“
Eine Schriftstellerin wie Doris Lessing zu treffen, bedeutet eine Zeitreise zu machen. Die 1919 in Persien Geborene wuchs im britischen Empire auf, erlebte das Nachkriegseuropa, durchlebte den Kommunismus und reflektierte all dies in ihrem Werk. - Zeit kann auch verlorene Zeit sein, gestohlene Lebenszeit, wie dies der italienische Schriftsteller Adriano Sofri erlebte, der achteinhalb Jahre unschuldig hinter Gittern saß. Von diesen beiden „Nomaden im Herzen“ wird Bernadette Conrad erzählen.
Jochen Zelter, Autor
„Schule der Arbeitslosen“
Deutschland irgendwo in naher Zukunft: Beklommen steigt eine Gruppe Arbeitsloser in einen Bus der „Bundesagentur für Arbeit“. Unter dem Slogan „Deutschland bewegt sich“ fahren sie einer überaus angepriesenen Fortbildung entgegen: ins Maßnahme-Center „Sphericon“. Die Zukunftsvision erzählt in bizarrer Komik vom zwanghaften Aktionismus, den sich Menschen als letzte vermeintliche Möglichkeit zumuten, um dem Stillstand ihres Lebens zu entkommen.
Daniel Zahno, Autor
„Carlotti“
Eine Geschichte, in der es zum einen um den Zeitpunkt eines Liebesaktes mit der umschwärmten Alexia und dem Ideal absoluter Treue geht, zum anderen um Aufstieg und Fall des Opernstars Carlotti, der bedrängt von jüngeren Sängern und seinem drohenden Stimmverlust in einem Wutanfall einen Journalisten verprügelt. Daniel Zahno erzählt vom Vergehen der Zeit überhaupt und der Vergänglichkeit, die jeden einholt.
Steffen Nowak liest
„Hector und die Entdeckung der Zeit“ von François Lelord
In einer von Hektik geprägten Welt, in der jedem die Zeit zu entrinnen scheint, nimmt sich der junge Psychiater Hector Zeit, um über die Zeit nachzusinnen. Und er entdeckt, dass es sich lohnt. - Mit seiner ihm eigenen Weisheit des Herzens nähert er sich der Frage, wie ein Glücksmoment Ewigkeit werden kann. Den Figuren aus Lelords Bestseller, in der Übersetzung von Rolf Pannowitz, gibt der Schauspieler Steffen Nowak eine Stimme.
Irene Fischer liest
„Zauberberg“ von Thomas Mann
Der „Zauberberg“ beschreibt die Entwicklung des jungen Hans Castorp, der seinem Vetter in einem Lungensanatorium einen Besuch abstatten möchte. Aus den geplanten drei Wochen Aufenthalt werden sieben Jahre... Die Sach- und Drehbuchautorin Irene Fischer, bekannt als Schauspielerin aus der „Lindenstrasse“, hat aus dem Roman von Thomas Mann Passagen ausgewählt, in denen das Phänomen „Zeit“ eine zentrale Rolle spielt.
Linda Schwarz, Musikwissenschaftlerin &
Christoph Theinert, Cellist
Wie klingt es, wenn Tinte aus dem Notenblatt verschwindet?
Linda Schwarz beschäftigt sich mit dem Tintenfraß in handgeschriebenen Noten von J. S. Bach, sowie in Briefen von Hölderlin und Mörike. Die studierte Musikwissenschaftlerin und Künstlerin war Werkschülerin von Jasper Johnes und Robert Rauschenberg. Sie wird vom Prozess ihrer Arbeit zum Klang-Bild-Erlebnis sprechen. Der Cellist und Komponist Christoph Theinert, dessen Kompositionstätigkeit maßgeblich von Phil Glas, Paul Simon und Lukas Foss beeinflusst wird, spielt Auszüge der Cellosuite Nr. 3 von Johann Sebastian Bach, vor und nach dem errechneten Tintenfraß bis zum Jahr 3000.
Wolfram Frommlet liest
„Das dreißigste Jahr“ von Ingeborg Bachmann
Ein Mann befindet sich in seinem „dreißigsten Jahr“ und findet es an der Zeit, Bilanz zu ziehen darüber - wer er ist. Aus welchen Quellen definieren sich seine Lebensziele? Er will die Zeit, die da noch sein mag, selbst bestimmen, statt sich bestimmen zu lassen und untätig in der Zeit zu schwimmen. Das „dreißigste Jahr“ ist Metapher für Sinnfragen, Brüche, für Ende und Anfang.